Verletzungen der Leiste oder des Schambein-Komplexes werden häufig mit Begriffen beschrieben, die mehr Verwirrung stiften als Klarheit schaffen. Die oft erwähnte „Sportlerleiste“ ist zum Beispiel als diagnostischer Begriff vollkommend irreführend, weil damit noch gar nichts über die Ursachen ausgesagt ist. Und die vor allem in den Medien vielzitierte „Schambeinentzündung“ ist im Grunde genommen gar keine Entzündung, sondern es handelt sich um ein ganzes Potpourri von Verletzungen und Schäden, die nur unter diesem Sammelbegriff zusammengefasst werden.
Hobbyfußballer, die angeblich unter einer „Leistenzerrung“ leiden, sollten eine Trainings- und Spielpause einlegen. Bei richtiger Diagnose müssen die Beschwerden dann innerhalb von ein bis drei Wochen wieder verschwunden sein. Jede „Leistenzerrung“, die länger als drei Wochen dauert, ist nämlich gar keine Leistenzerrung.
Der weit verbreiteten Ansicht, wonach es sich beim Leistenschmerz unweigerlich um einen Leistenbruch handelt, soll an dieser Stelle deutlich entgegengetreten werden. Die wirklichen Gründe für Schmerzen in der Leiste sind bei genauerer Betrachtung häufig ganz andere.
Hier beginnt die beinahe detektivische Suche im „Bermudadreieck der Leiste“ nach den wirklichen Auslösern für die Schmerzen. Vier Kategorien sind wichtig:
1. Die „weiche Leiste“
2. Krankhafte Veränderungen des Schambeingelenks wie Arthrose oder Instabilität (Schambeingelenkpathologien)
3. Kapsel-Sehnenverletzungen der Adduktoren und Bauchmuskeln
4. Krankhafte Veränderungen an der Hüfte (Hüftpathologien)
Die „weiche Leiste“
Rührt von einer Schwäche in der Leistenhinterwand, die sich nach vorne vorwölbt und auf Strukturen innerhalb des Leistenkanals (Nerven, Samenstrang, etc.) schmerzhaft drückt. Es handelt sich um die Vorstufe eines Leistenbruchs, jedoch noch nicht um einen tatsächlich vorliegenden Leistenbruch.
Krankhafte Veränderungen des Schambeingelenks
Die krankhaften Veränderungen des Schambeingelenks sind das, was umgangssprachlich als „Schambeinentzündung“ beschrieben wird. Durch zwei Ursachen werden die Beschwerden meistens ausgelöst: durch eine Arthrose sowie durch eine Instabilität des Gelenks („Wackelgelenk“).
Das Schambeingelenk wird, wie jedes Gelenk, durch zwei sich genüberliegende Knochenenden gebildet. Dazwischen liegt der sogenannte „Diskus“, der Stöße abfedert. Der Diskus hat eine knorpelartige Struktur. Ausgelöst wird der Schaden am Diskus häufig durch eine langandauernde Fehlbelastung in Training und Wettkampf. Irgendwann beginnen die Beschwerden ohne einen typischen Startpunkt und werden mit der Zeit immer heftiger.
Ausgelöst werden die unerwünschten Veränderungen des Schambeingelenks außerdem durch Sportunfälle, wie sie beim Grätschen im Fußball vorkommen. Frauen kann es bei Geburten treffen und hier vor allem beim zweiten oder dritten Kind.
Eine gründliche diagnostische Abklärung umfasst ein anamnestisches Gespräch und konventionelle bildgebende Verfahren. Führen diese nicht zu einem Ergebnis, steht seit wenigen Jahren eine Spezialdiagnostik zur Verfügung, bei der unter Röntgensicht ein Kontrastmittel in das Gelenk gespritzt wird.
Kapsel-Sehnenverletzungen
Bei Fußballern sind die Adduktoren stark beansprucht, während die Bauchmuskeln oft nicht im gleichen Maß trainiert sind. Die Folge: Mikroeinrisse, die mit der Zeit zu Makroeinrissen werden. Oder es kommt sogar zu Abrissen / Einrissen an verschiedenen Stellen. Ein Abriss der Adduktoren ergibt das gleiche Bild als wenn sich eine alte Tapete von der Wand ablöst.
Fußballer merken das recht deutlich daran, dass sie nicht mehr schießen können. Bei Handballern oder Basketballern funktionieren die so wichtigen explosionsartigen Richtungswechsel nicht mehr.
Krankhafte Veränderungen an der Hüfte (Hüftpathologien)
Leistenschmerzen rühren häufig von krankhaften Veränderungen der Hüfte her. Hier ist vor allem das Engesyndrom (Impingement) zu nennen. Es gibt das Nockenwellen- und das Kneifzangenimpingement. Außerdem gelten Gelenklippeneinrisse als Schmerzauslöser.
Liegt gar eine Arthrose des Hüftgelenkes vor, bedarf es auch hier einer differenzierten Herangehensweise.